Allein, allein …

Tante Mizzi hat schon Caorle gebucht, Onkel Franz fährt nach Abano, und auch in den Bussen nach Lloret de Mar ist kein Platz mehr frei. Alles, was Urlaubsgeld bekommt und nicht gerade die Wohnung renoviert, fährt weg, ins Ausland oder schlicht „aufs Land“, auf jeden Fall raus aus der heißen Stadt.

In der Tat wirkt Wien im Sommer an den meisten Plätzen wie ein Backofen; sogar bei bewölktem Himmel speichert sich die Hitze in den schmalen Gassen. Wird es endlich dunkel, erwartet so mancher ein kühlendes Lüftchen, doch das spielt´s nicht: denn es dauert mindestens bis zum nächsten sonnigen Morgen, bis die Hauswände die gespeicherte Hitze abgegeben haben und es theoretisch (denn die Sonne kommt ja nun gerade wieder) kühl werden konnte.

Der Staub hat jetzt Hochsaison: ganz egal, wann man die Hände wäscht, immer fliesst eine graue Brühe ins Waschbecken. Und wer die Fenster immer offenhält, bekommt plötzlich eine ganz innige Beziehung zu Staubtuch und Sauger.

Somit hat jeder Recht, der im Soınmer die Stadt verlässt. So dachte auch ich, bis es mir einmal berufsbedingt unmöglich war, in den heißen Monaten wegzufahren.

Zuerst waren mir die Hitze und mein Selbstmitleid unerträglich.

Leicht mit Shopping abgeholfen – ein paar luftige neue Kleidchen ließen mich getröstet über schwitzende Krawattenträger lachen. Als ich mich dann endlich innerlich bereit erklärte, die Situation zu akzeptieren, wie sie war, erlebte ich eine neue Welt.

ES gab plötzlich Parkplätze en masse in Wien! Klar, die ganzen Karren standen ja gerade in Caorle oder Cesenatico oder wer weiß wo im Stau. Doch das war nicht der einzige Vorteil am Sommer in Wien: an den Abenden auszugehen, war plötzlich wieder ein Erlebnis. Man kann im Sommer wählen zwischen Freiluftdisco (z.B. im Volksgarten) und Heurigem (so gut wie in jedem Bezirk, original oder nicht); man stolpert geradezu über Gastgärten und Innenhöfe, die Restaurants angeschlossen sind.

Kulturpausen gibt es auch nur an der Burg und an der Oper – aber die Kleinkunst boomt im Sommer: Sommertanzwochen, unzählige Workshops und Festivals, und die Innenstadt ist belebt von reisenden Künstler, die für ein paar Tage ihre kleinen Sensationen auf der Straße zum Besten geben.

Am Wochenende bietet sich der Wienerwald an, aber auch die Donauinsel (Rollerblades empfohlen) oder die Donauauen, eine der vielen Kletterwände rund um und in Wien, haufenweise Reitställe und Sportanlagen, Parks und Schwimmbäder, die man im Ländle alle „Erlebnisbad“ nennen würde. An der Donau, nahe dem Ölhafen Lobau, kann man Wasserschi fahren: an einem Lift, der die Sportler ähnlich einem Schlepplift im weiten Kreis über das Wasser zieht. Klingt gefährlich, ist aber sehr amüsant, besonders wenn man zuerst über die anderen gelacht hat und dann selbst nicht einmal daran arbeitet, eine Runde zu schaffen!

Dafür wird man aber entschädigt, wenn man die sieht, die für den Lift Saisonkarten haben – denn die führen jedes Kunststück, ob Salto, Sprung oder Barfußfahren, vor.

Keine Frage: Wien im Sommer ist wunderschön. Vielleicht gerade deshalb, weil nur die Hälfte der Bevölkerung da ist und man endlich die Stadt erkennt. Den Geheimtipp preizugeben fällt mir schwer – aber ein paar Vorarlberger kann die Stadt immer vertragen!

Wien im Sommer
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Ein Führender, der nicht kommunikationsfähig ist, genießt kaum Vertrauen.”
Baldur Kirchner, Manager Coach (*1939)
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