Dönz. So weit man weiß

Unsere Familiengeschichte

Ich hatte wunderbare Großeltern, die sich immer dann um uns kümmerten, wenn uns die Freiheit, die wir genossen, doch zu groß wurde.

Und sie erzählten. Beide. Aus ihrer Kindheit, aus ihren Familien, aus ihrem Leben. Wir saßen nicht um den Tisch beisammen und bei einer brennenden Kerze, während sie erzählten: das geschah „nebenbei“. Während uns gezeigt wurde, wie man eine Schnur dreht. Wie man einen Dietrich richtig einsetzt. Wie man mit einem Hammer als Notbehelf Nieten fixiert. Während wir für die Gäste ihrer Pension das Frühstück machten. Beim „Holz Biegna“.

Franzose oder Montafoner?

Die Geschichte meiner Omalin scheint immer wieder in „Außer Haus“ durch. Die Geschichte von Opalin, das war mir klar, würde mal ein eigenes Buch werden. Wie kommt es, dass ich einen französischen Großvater habe, der noch dazu ein richtiger „Ur-Montafoner“ war? Opalins Geschichte hat mir immer imponiert, ohne sie hätte ich vielleicht gar nie begonnen, eigene Texte zu schreiben. So hat „Dönz“ auch schon in kleinen Notizen und größeren Szenen bereits vor vierzig Jahren begonnen, zu entstehen.

Bis sie dann nacheinander starben: Opa (Ernest Joseph Antoine), dann dieser (sein Bruder Erwin Jean), dann der ander (sein Bruder Otto Eugène), dann Omalin und Tante Mari. Jedes Mal wurden Häuser ausgeräumt und renoviert oder neu gebaut und die ganze Familie lud immer wieder Bananenschachteln voller Papier bei mir ab, denn Papier, das ist meins, das wusste meine Familie immer schon. Ich habe immer alles sorgfältig gesichtet, geordnet und konserviert, und so sind mit den Jahren über 260 Briefe und mehrere Ordner mit alten Dokumenten aus der Zeit von 1895 bis 1964 aus mehr als zehn europäischen Ländern zusammengekommen, und ein Konvolut an Fotos, die ich mit dem in den Briefen transportierten Wissen zusammen mit den Erzählungen meiner Großeltern und weiteren Recherchen – alten Zeitungsartikeln und amtlich erhaltenen Dokumenten – gut in die Informationen packen konnte, die ich schon hatte. Denn, eben: Oma und Opa haben mir immer viel erzählt. Fotos zu ihrem Leben, die Briefe, die Orte mit spezieller Bedeutung und die Wege der Brüder im Krieg habe ich online im Dönz: Museum daheim aufgezeichnet. Keine Angst, es gibt eine Legende dazu, wie das Museum zu bedienen ist!

In Kombination mit Geschichte ergab das die Geschichte von „Dönz. So weit man weiß“. Deshalb möchte ich meiner ganzen Familie danken, dass sie mich mit Material, Wissen, Sprüchen und Episoden versorgt haben!

Außer Haus“ war der Testballon und hat – danke, Ihr vielen lieben Leser! – funktioniert.

Die Geschichte – und warum sich das Lesen lohnt

„Dönz. So weit man weiß“ ist eine Familiengeschichte, die sich – soweit und so weit man weiß – genau so zugetragen hat, wie sie im Buch beschrieben ist. Die Begebenheiten innerhalb der Familie sind in die Zeitgeschichte eingebettet, Geschichte ergibt sich hier sogar oft aus den Briefen.

Im Zentrum steht Ernst Joseph Antoine Dönz, der 1910 in  Vitry-sur-Seine in der Nähe von Paris als Kind von österreichischen, Montafoner Auswanderern zur Welt kommt. Wie alle seine Geschwister wächst er dort auf und geht dort zur Schule. Die Familie wird während des Ersten Weltkriegs aber für fünf Jahre in Frankreich interniert, was seine ersten Erinnerungen formt.

Danach wächst Ernst weiter in Paris mit starker Verbindung zum Montafon auf. 1933 muss er aus staatspolitischen Gründen als einziger seiner Brüder für Frankreich optieren, was für ihn kein Problem darstellt: er fühlt sich als Franzose und will in Vitry bleiben – wenn er zum Skifahren ins Montafon kommen kann. Erst als der Zweite Weltkrieg ausbricht, realisiert er, dass er nun gegen seine eigene Familie kämpft: die Eltern und Geschwister sind, um einer weiteren Internierung zu entgehen, zurück nach Österreich gezogen und Ernsts Bruder steht für die Deutsche Wehrmacht an der Front.

Das Kriegsgeschehen und die Wege der Brüder als Soldaten wird auf Basis der erhaltenen historischen Korrespondenz nachgezeichnet, die innerhalb der gesamten Geschichte immer wieder auszugsweise zitiert wird. Die Heimkehr des Ernst Dönz und die darauffolgenden Ereignisse sowohl in Paris als auch im Montafon gipfeln in einer großen Enttäuschung und dem darauffolgenden inneren Frieden:
Heimat ist da, wo das Herz schlägt und der Verstand sich wohl fühlt.

Zwei Generationen. Zwei Nationen.
Zwei Kriege. Zwei Brüder.
EINE Heimat.

Natürlich hat mich selbst die Geschichte meines Großvaters immer begeistert, allein schon deshalb, weil sie in Frankreich geformt ist und in einer Zeit beginnt, zu der ich anfangs wenig Bezug hatte. Wer hat nicht gern einen Großvater, der französisch schimpft und dessen Marotten aus einer Kindheit stammen, die sich so viel fremder anfühlt als die eigene? Wie privilegiert habe ich mich gefühlt, als ich in meiner ersten Französischstunde berichten durfte: „Mon grand-père est français!“

Für mich war aber selbst erstaunlich, wie viel ich bei der Recherche für „Dönz“ gelernt habe. Nicht nur, weil die Geschichte der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts und ein paar Jahrzehnte davor wieder aufgerollt wurde, sondern weil ich sie endlich greifen kann, weil ich erfahre, wie sehr sie meine Ahnen betroffen hat und wie sie damit umgegangen sind. Weil meine Ahnen in ihren Briefen das schrieben, was ich später in der Schule lernte. Und dazu ihre Meinung, ihre Ängste, Befürchtungen und Witze geteilt haben. Weil sie in den Briefen ihre Persönlichkeit zeigen. Plötzlich war Leben in den Begebenheiten!

Mon grand-père était français, et il gardait tout; dans le sens le plus vrai et le plus beau du terme.

Mein Ziel

… dass Geschichte, endlich, nicht anonym und entpersonalisiert aus der Perspektive der Großen gezeigt wird. Sondern da, wo sie geschah: bei unseren Großeltern. Auch bei Deinen. Vor ihren Augen, in ihren Herzen. Zu ihrem Leid.

Nicht, als Beispiel, „Fall Barbarossa wurde eingeleitet“, sondern eine Beschreibung der Szene mit Gedanken und Dialogen, als Ernst mit Koffer und Rucksack den Zug nimmt, um einzurücken, „in den Krieg“, und „Barbarossa“ hörte er im Radio, konnte es aber nicht zuordnen …

Noch ein Ziel: den viel jüngeren meiner Verwandten das weiterzuschenken, was Opa, Götti, Tante Mari und Onkel Otto mir geschenkt haben.

Ich wünsche mir, dass Ihr die Geschichten Eurer Ahnen seht und ehrt.
Denn sie haben die Geschichte, unsere Geschichte und unsere Geschichten geformt.

Glück. Großer Dank an alle, die mitgeholfen haben!

Ich freue mich über jede:n einzelne:n Leser:in und über Euer Feedback auf allen Plattformen, die Ihr kennt!

Viel Spaß bim Läsa!

Haben Sie Fragen, Wünsche, vielleicht Lob, hoffentlich keine Beschwerden, oder wissen Sie etwas zur Geschichte? Ich freue mich über Ihre Mail an GrohsFORMAT!

Man revolutioniert nicht, indem man revolutioniert, sondern indem man Probleme löst.”
Le Corbusier (1885-1965)
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