Heute. Eine Herzensfreundin aus der Ferne rief an. Sie ist seit kurzem selbstständig, lässt sich – danke – von mir beraten und kündigte vor ein paar Tagen an, dass sie ein paar „saftige Marketingideen“ braucht, um ihr Geschäft anzukurbeln. Heute also endlich das Telefonat.

Obwohl wir uns auf die gestellte Aufgabe, Marketingideen, konzentrieren wollten, kamen wir lange nicht zum Punkt. Ob sie nun das zweite Geschäftslokal mieten solle. Ob sie den Lehrling aufnehmen soll. Was die Kollegen so sagen. Ob ihre Folder wohl gut ankommen würden und wo sie sie auflegen soll. Und die Website, ob x oder y nicht falsch geschrieben sei. Ob sie ihre Zielgruppe erweitern solle, ob sie nicht eigentlich mehrere Zielgruppen habe. Das sei alles so viel. Alles eine Belastung, so habe sie sich das nicht vorgestellt.

Diese Probleme waren nicht „das Problem“

„Hör auf“, unterbrach ich dann. „Dein Problem ist, dass Dein Geschäft noch nicht läuft, die Lösung siehst Du darin, dass wir jetzt Marketingideen aushecken. Was machst Du Dir Gedanken um ein zweites Geschäftslokal, um noch-nicht-Mitarbeiter, um einen möglichen Tippfehler auf Deiner Website, bevor die Chose überhaupt läuft?“ Und dann, frei nach einem meiner Idol-Berater:

„Kein  Mensch kann sich gleichzeitig
auf mehr als zwei Themen konzentrieren!“

Ertappt. Ich erinnerte mich an den Spaziergang vor ein paar Monaten, an dem ich mich selbst sortierte. Vier Bereiche, an denen ich fast dauernd arbeite, trotzdem (oder deswegen?) kam ich kaum weiter, verhaspelte mich vor lauter Ideen, zog aber keine auf den Boden, weil ich am liebsten schon das Nächste beginnen wollte, bevor das Erste überhaupt konzipiert war. Überall Listen, was mir dazu eingefallen und was alles zu tun war. Überall im Büro einzelne PostIts mit unzusammenhängenden Inhalten – was ich alles nicht vergessen durfte, oft mit beängstigend ähnlichem Inhalt. Und dann am Schreibtisch sitzen und vor lauter Aufgaben nicht wissen, was prioritär, oder noch schlimmer: was überhaupt zu tun ist. Ein Desaster.

Die grohse Lösung: gleich mit der Tür ins Haus

Wenn ich keinen Plan habe, räume ich auf.

Und mitten in meinem Listenchaos wurde mir klar: Ich brauchte einen eigenen physischen Bereich für jedes Arbeitsfeld, der übersichtlich, „dauernd offen“, aber einfach editierbar ist. Und diesmal nicht unbedingt digital, denn einen dritten Bildschirm will ich nun wirklich nicht.

Tafelfolie leer: vier ArbeitsbereicheIch kaufte mir Tafelfolie im Kleinformat, die ich an meine Bürotür klebte. Ich hatte zwar „nur“ vier Bereiche, in der Packung waren aber fünf Folien. Was sollte ich mit der Fünften? Reserve?

Die vier aufgeklebten Folien beschriftete ich in bunten Kreidefarben mit meinen Arbeitsbereichen und schrieb die zugehörigen Tasks darauf, vom Großen ins Kleine, vom Wichtigen ins Nice-to-Have, und jeder Arbeitsgang bekam eine eigene Farbe, wenn auch individuelle Worte:

blau nachdenken und brainstormen z.B. neue Ideen für Kundin X
 rot  konzipieren z.B. Konzept für Aktion Y
 orange  einfach machen/ abarbeiten z.B. Korrektorat für Projekt Z
 grün  anrufen/ kontakten z.B. Akquise bei Potential A
 lila  nicht vergessen und irgendwann machen z.B. Ablage von Belegen zu Z
dottergelb unkreative Dummy-Arbeit, die ich am liebsten vergeben würde ( … ), für die ich „nur“ Zeit, aber wenig Spontaneität und Fantasie brauche und die mir erst gefällt, wenn sie gut erledigt ist dagebichjetztliebergarkeinBeispiel

Und immer die Richtung im Auge behalten!

So klebten die Folien bald bunt an meiner Bürotür, bis mir beim Betrachten eines auffiel: Es gab keinen Platz mehr für die Ziele. Meine Ziele. Die fehlten. Her mit der fünften Folie!

Die Tafelfolie nach der ersten Befüllung. Funktioniert das?Sie steht jetzt ganz oben – wo Ziele eben hingehören. Und wenn ich mit einer heißen Tasse Kaffee mein Büro betrete, fliege ich drüber: was ist das Wichtigste? Worauf habe ich Lust? Etwas Rotes, konzipieren? Oder etwas Grünes, kontakten? Etwas Blaues, also eine Nachdenk-Aktion? Was mache ich als Nächstes? Welcher Arbeitsbereich bietet mir gerade eine Aufgabe mit der Farbe, auf deren Aktion ich im Moment Lust habe, und wenn ich hier gerade mit einer Konzeption fertig bin und gerade „einen Lauf“ habe, in welchem Arbeitsbereich kann ich sofort weiter konzipieren? Ein Telefonat beendet, gut gelaufen, gleich her mit dem nächsten … welches mache ich jetzt? Und ich verzettel mich nicht mehr, im wahrsten Sinn des Wortes.

Über allen meinen Arbeitsbereichen, über allen meinen To-Do-Listen aber steht eins: die Hauptfolie, die meine Ziele festhält. Die behalte ich im Auge, selbst wenn ich mich einmal zu einer ungeliebten dottergelben Aktion zwinge, die auch erledigt sein will.

Buntes Arbeitsleben mit Struktur

Das beste Entrée: Struktur. Die Tafelfolie im Lauf der Wandlung, parallel zu den ArbeitsprozessenUnd die Freude, wenn ich eine „Farbe“ aus einer Folie lösche, oder wenn eine Folie einmal ganz leer ist, die Freude, wenn ich sehe, wie sich die Folien, die Arbeitsbereiche entwickeln und verändern: die lässt mich motiviert weitermachen.

Vorbei die Zeit des Herumdümpelns und des PostIt-Wälzens. Struktur und Ordnung, frohe Farben und ein guter „Schwamm drüber“: es läuft.

Ich hab´s Dir versprochen, liebe B*****. Hier ist es. Heute. Weil die Tafelfolien jetzt schon wieder ganz anders aussehen. Und jetzt stehe ich auf und lösch noch was.

Gleich mit der Tür ins Haus! Struktur.
The best way to get a good idea is to get a lot of ideas.”
Linus Pauling, Chemiker und Nobelpreisträger (1901-1994)
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