Saubere Bescherung …
Im Nobelbezirk, wo das Büro liegt, in dem ich arbeite, kann ich vor der Türe parken. Ich ziehe den Zündschlüssel ab, öffne mit der einen Hand die Autotüre, während ich mit der anderen die Unterlagen vom Beifahrersitz nehme, steige aus und gehe in einer geraden Linie, ohne auf den Weg zu achten, zur Bürotüre.
Wenn ich meine Freundin im 16. Bezirk besuche, ist die Zeremonie eine andere.
Habe ich endlich einen Parkplatz gefunden, dann luge ich nach dem Öffnen der Autotüre ziemlich genau über die Türkante und steige vorsichtig aus. Den Weg zur Haustüre lege ich fast wie eine Betrunkene und in Schlangenlinien zurück; nie würde mir einfallen, selbstverloren in ein Schaufenster zu blicken. Nein, ich muss den Boden im Auge behalten. Und trotz aller Vorsicht –
lch frage mich, warum die Hundehalter nicht selbst ihren Dreck und den ihrer Hunde entsorgen. Und wie groß eine Menge von sich ansammelnden Hundehaufen erst werden muss, um in Wien weggekehrt zu werden. Gerade im Frühling, wenn es ausapert, plagt mich das Würgen besonders: die Haufen, die der Schnee lange verdeckt hat, liegen jetzt am Asphalt, vermischt mit Abfall, der mich an Neapel erinnert.
Würde man „Tempelhupfen“ spielen mit der Auflage, NUR auf Hundehaufen steigen zu dürfen, so weiß ich Gegenden, in denen man blind gewinnen kann, weil man sogar ohne Zielen kilometerweit nur ganz normal gehen muss und trotzdem eine unglaubliche Trefferquote hat (einen keimfreien Anzug setze ich jetzt, da ich das schreibe, in meinem Grausen voraus).
Unsere Straßenkehrmaschinen kehren wohl zuerst in Nobelbezirken, und Straßenkehrer gehören hier im Prolo-Bezirk wahrscheinlich zum Museumspersonal.
In Gegenden, wo das ganze Jahr hindurch nicht gekehrt wird (und die gibt es), kommen immer wieder Gerüch(t)e auf, die Stadt sei bankrott. Man diskutiert hier weniger, ob die Stadt überhaupt die Pflicht hätte, die Hundehaufen zu beseitigen. Wer in einer Großstadt, ohne direkte Nähe zu einem Wald oder einer großen Wiese einen Hund braucht, der soll meiner Meinung nach ruhig mit der Schaufel seinem Vierbeiner hinterherhecheln und zusammenkehren.
Solche, die die Hunde trotz Verbot in Spielplätze lassen, wo dann Sandkisten so kontaminiert werden, dass sie wegen Gesundheitsgefährdung geschlossen werden müssen (jedes Jahr hört man einige solcher Fälle) – also diesen Leuten will ich in ein Hundeverbot auferlegen und sie mit ihren Tölen für zwei Monate barfuß auf 10 Quadratmeter einsperren und nur füttern.
Zweifellos sind Hunde in Wien ein Politikum. Ich erinnere mich sogar an ein paar wenige Stadtpolitiker, die das Problem angesprochen haben und nach originellen Lösungen suchten. Wie zum Beispiel Altbürgermeister Zilk, der direkt aus Paris einen „Hundedreck-Staubsauger“ anforderte, die Ringstraße zum Test säubern ließ, worauf dieses Experiment wieder eingestellt wurde.
Warum? Keine Ahnung, doch möglicherweise deshalb, weil Zilk in einem Nobelbezirk wohnt und das Problem nicht dauernd vor der Nase hat. Genauso wie der Ring, eine der Tourismusattraktionen der Provinz, ja auch nicht gerade zu den verdrecktesten Gegenden gehört. Und Häupel, der neue Bürgermeister, hat genug damit zu tun, seine Partei und weniger die Straßen zu säubern.
Ein Freund von mir hatte ein besonderes Erlebnis. Er trat in einen Haufen, merkte es aber nicht sofort, stieg in sein Auto ein und roch erst nach einigen Kilometern die Bescherung. Er stieg aus und hatte nun die genussvolle Aufgabe, sein Pedal mit Taschentüchern zu reinigen, was ihn allerdings so grauste, dass er sich neben seinem Auto übergeben musste.
Leute, die ihn dabei beobachteten, regten sich mächtig auf und erstatteten Anzeige, denn wo kommen wir da hin, wenn jeder einfach neben dem Gehsteig in den Straßengraben kotzt!
Kinder in Wien wissen wenigstens in frühem Alter, dass die Straße zwei Gefahrenquellen birgt: Autos und Hundedreck. Und wenn mich je einer von Euch in der Hauptstadt sehen sollte, wie ich langsam und wachen Auges aus meinem Auto steige, so kann er sicher sein, dass ich gerade erst in Bludenz angekommen bin und mich noch an das saubere Städtle gewöhnen muss.